Die technische Entwicklung der Klostermühle Lahde
als kombinierte Wind - Wassermühle

von Richard Brüdern
- Fortsetzung -

Die im alten Ortskern Lahdes liegende Klostermühle, erforderte, um den Flügeln ein genügendes Windangebot zu sichern, ein hohes Gebäude. Mit 2 Stockwerken unterhalb der Galerie gehört sie damit neben der Mühle in Tonnenheide und der Pottmühle zu den höchsten im Kreis Minden-Lübbecke.
Mit Hilfe der Projektzeichnung von 1877, der freundlichen Berichterstattung von Herrn Carl Meyer III und den tatsächlichen Abmessungen des heutigen Mühlengebäudes, lässt sich die Technik der ursprünglichen Mühleneinrichtung weitgehend rekonstruieren.

Die Flügelachse ist noch als durchgehend hölzerne Achse ohne eisernen Wellkopf geplant. Die Flügel sind wie damals allgemein üblich als Segelflügel ausgeführt. Zur Einstellung der Haube in Windrichtung diente ein sog. Gaffelrad, das über eine Kette von der Galerie aus bedient werden konnte. Diese Lösung ist heute noch an der Rodenbecker Mühle einzige Verstellmöglichkeit. Später wurden viele Mühlen, auch die Klostermühle in Lahde auf Windrosenbetrieb umgerüstet, die dem Müller die Arbeit des In-den-Wind-drehens abnahm.

Entsprechend den Bedürfnissen der Bevölkerung war die Mühle als Lohnrnühle konzipiert und um den unterschiedlichen Kundenwünschen zu entsprechen mit 4 Gängen ausgerüstet, einem Mahlgang einem Schrotgang einem Spitzgang und einem Graupengang, von denen zwei mit Antrieb von unten und zwei mit Antrieb von oben ausgerüstet waren. Die stehende Welle im Zentrum der Mühle war 3 mal unterteilt und an jeder Teilstelle mit einer lösbaren Kupplung versehen, so dass alle Steinpaare entweder vom Wasser oder vom Wind oder von beiden Naturkräften gemeinsam angetrieben werden konnten. Ein Sackaufzug angetrieben über ein Reibradgetriebe ermöglichte den Sacktransport von der Durchfahrt auf den Steinboden.
Für die Mehlherstellung standen zwei nebeneinander liegende Sechskanter als Siebeinrichtung zur Verfügung, die von 2 Schrotbzw2 Mahlgängen gespeist werden konnten.

Im Erdgeschoß war neben der Durchfahrt die Ölmühle installiert. Ölmühlen waren einst ebenso zahlreich wie Getreidemühlen; mit beginnender Industrialisierung sind sie jedoch sehr bald verschwunden zumal sich die Ölerzeugung auf ölhaltige ausländische Produkte konzentrierte und damit die einheimischen Ölsaaten an Bedeutung verloren. Zum Auspressen des Öles aus der Saat wurde diese zunächst zerkleinert, anschließend erwärmt und dann in Keilpressen das Öl her ausgepresst.
Zwei Systeme haben sich in Deutschland durchgesetzt, die reinen Stampfmühlen einem Mörser vergleichbar und Mühlen mit zusätzlichem Kollergang, deren Anwendung von Holland übernommen wurde.
Bis etwa 1900 haben sich Kollergänge nur in Westdeutschland verbreitet, während ostdeutsche Mühlen in früherer Zeit meist als reine Stampfmühlen ausgeführt waren.
Die ursprüngliche Technik der Getreidemühle hat bis Ende des zweiten Weltkrieges bestanden während die Ölmühle bereits vor dem Krieg von nunmehr Karl Meyer II demontiert und der Platz für einen elektrisch betriebenen Schrotgang genutzt wurde.

Nach 1945 wurde Lahde ehemaligen Zwangsarbeitern aus der Umgebung als Wohnsitz zugewiesen und die Familie Meyer musste ihr Mühlengrundstück verlassen. Nachdem sich die Verhältnisse normalisiert hatten und nunmehr Karl Meyer III nach Lahde zurückkehren konnte, hatte er zwar ein Mühlengebäude aber keine Mühle mehr. Die gesamte Inneneinrichtung war zerschlagen, demontiert, zu Brennholz verarbeitet und nicht mehr reparabel. Vielleicht haben wir es diesem Umstand, jedoch vor allem der Tatkraft von Karl Meyer III zu verdanken, dass etwa 1952/53 in Lahde die modernste Kleinmühle des Kreises Minden-Lübbecke entstand; in einer Zeit als ein Mühlengesetz wegen bestehender Überkapazitäten eigentlich alle Erweiterungen verhindern sollte.
Aus den ehemals zwei Steinpaaren mit einer Leistung von ca. 2 to Mehl/Tag war im ersten Bauabschnitt eine Mühle mit zwei Doppelstühlen und Plansichtern entstanden mit einer Leistung von ca. 4 to/Tag.

Den technisch interessierten Lesern sei im Folgenden die Entwicklung der Müllerei an Hand einiger Prinzipskizzen kurz erläutert:

a. Müllerei auf Steinen

Noch in diesem Jahrhundert waren viele der Naturkraftmühlen im Kreis Minden Lübbecke mit der
konventionellen Technik Mühlstein und einem als Sechskanter ausgebildeten Siebzylinder zur Aussiebung des fertigen Mehles bestückt. Senkrechte Zwischen- transporte wurden von einem Becherwerk bzw. Elevator übernommen.

Elevatoren in Mühlen waren über Jahrzehnte ein robustes energiesparendes Fördermittel.Es war daher schon eine große Umstellung, als Karl Meyer seine neue Mühle nicht mit Elevatoren sondern mit der modernen Pneumatik ausstattete. Bei diesem Fördersystem wird das Mahlgut von einem Luftstrom getragen, wobei sowohl senkrechte wie waagerechte Förderstrecken in einem einzigen Rohr möglich sind. Elevatoren hatten ferner den Nachteil, dass sie stets senkrecht montiert werden mussten und bei der konischen Gebäudeausführung einer Windmühle in den unteren Stockwerken stets in der Mitte des Raumes standen. Die Pneumatikrohre konnte man an der schrägen Wand montieren und somit sehr viel Platz gewinnen. In den Fachzeitschriften der fünfziger Jahre gab es heftige Debatten darüber, ob sich durch die intensive Durchlüftung des Mehles nicht ein Aromaverlust ergeben würde, und Karl Meyer hat nach beendeter Meisterprüfung mit der Frage an die Prüfungskommission nach den Vor- und Nachteilen der Pneumatik eine solche Verärgerung ausgelöst, dass sich die Elevatormühlenbesitzer eine so dumme Frage verbeten haben.
Inzwischen ist die Pneumatik in Mühlenbetrieben normaler Stand der Technik geworden.

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