Mühlen im Museum Hösseringen
Vom Göpel zur Senfmühle
von Tilman Grottian

Pferdegöpel zum Antrieb einer Häckselmaschine


Mühlengeschichte ist undenkbar ohne die Geschichte der Landwirtschaft. Denn das Korn, das in den Mühlen gemahlen wurde, musste zuvor angebaut, geerntet und gedroschen werden. Wie aber lebten die Menschen, die es anbauten? Wie wurde gepflügt, gesät und geerntet?
Wer sich für diese Seite der Mühlengeschichte interessiert, dem wird ein Besuch im Museumsdorf Hösseringen manche Antwort auf seine Fragen geben. Rund 20 Gebäude - vom niederdeutschen Hallenhaus bis zur Bleicherhütte - vermitteln hier einen lebendigen Eindruck vom Leben und Arbeiten in der Lüneburger Heide während der vergangenen 300 Jahre.
Doch auch in puncto Mühlengeschichte gibt es im Museumsdorf manches zu entdecken.
Da ist zunächst einmal der
Göpel aus Wesseloh (Landkreis Soltau-Fallingbostel). Göpel wurden nicht durch Wind oder Wasser, sondern durch die Muskelkraft von Pferden oder Ochsen angetrieben, weshalb sie auch als Ross- oder Pferdemühlen bezeichnet werden. In Europa wurden Göpel seit dem späten Mittelalter vor allem im Bergbau zur Entwässerung von  Bergwerksstollen eingesetzt. Daneben kamen sie aber auch in der Müllerei zum Einsatz. Pferdemühlen, allerdings noch ohne Winkelgetriebe, sind bereits aus der römischen Antike bekannt. In der Landwirtschaft wurden Göpel in Deutschland nach 1843 eingeführt, nach 1865 setzte dann auch die Produktion von Göpeln in Deutschland ein. Über ein Winkelgetriebe und via Transmissionsriemen konnte die Muskelkraft der Zugtiere für den Antrieb von Schrotmühlen sowie Dresch- und Häckselmaschinen genutzt werden.
Der Göpel im Museumsdorf Hösseringen stammt aus Wesseloh, Landkreis Soltau-Fallingbostel, wo er noch bis 1960 im Einsatz war. Überdacht wird er seit 1995 von einem Göpeldach aus Nateln, Landkreis Uelzen, das vermutlich zwischen 1880 und 1900 dort errichtet wurde. Der Göpel des Museumsdorfes ist voll funktionsfähig und an Aktionstagen treibt er wie früher eine Schrotmühle oder Häckselmaschine an.
Im „Kötnerhaus" von 1648 aus Bahnsen, Landkreis Uelzen, werden Besucher die
Handdrehmühle von 1819 aus Stenum - Ganderkesee finden. Es handelt sich hierbei um eine Mühle, die zur Herstellung von Schrot oder Grütze für den hofeigenen Bedarf genutzt wurde. Wie bei den „altdeutschen" Wassermühlen wird auch hier die Kraft über ein Winkelgetriebe, bestehend aus einem Kammrad und einem Stockrad, auf den Läufer übertragen. Auch diese Mühle ist voll funktionsfähig und an Aktionstagen können Besucher hier eine Portion Buchweizenmehl für den Pfannkuchen daheim selbst mahlen.

Eine weitere
Handdrehmühle steht in der Diele des „Brümmerhofes", eines eindrucksvollen Hallenhauses aus dem Jahr 1644, das Ende der 1970er Jahre  aus Moide, Landkreis Soltau-Fallingbostel ins Museumsdorf versetzt wurde.
Die
Schrot- und Grützmühle im Brümmerhof stammt aus Berkhof bei Elze, Kreis Hannover. Sie ist die technisch einfachere Schwester der Mühle aus dem Kötnerhaus, besitzt sie doch kein Winkelgetriebe, sondern wird lediglich über eine gekröpfte Welle angetrieben, die im kombinierten Hand- und Fußbetrieb in Bewegung gesetzt wird. Mit Rücksicht auf ihr hohes Alter - vermutlich ist sie wesentlich älter als 200 Jahre - wird sie nicht mehr in Betrieb genommen. - Ebenfalls in der Diele des Brümmerhofes steht eine „Putzmühle" der Firma R. Michaelis aus Lüneburg. Wie die „Windhäuser" der Wind- und Wassermühlen reinigten die Putzmühlen, auch als „Windfegen" bezeichnet, durch einen künstlich erzeugten Luftstrom das Getreide von Staub und Spelzen. Seit dem 19. Jahrhundert wurden die reinen „Windfegen" wie auch in diesem Fall durch ein Siebsystem ergänzt, wodurch neben der Reinigung auch eine Sortierung des Getreides möglich wurde.
Ebenfalls im Brümmerhof, aber im Flett, nahe der Feuerstelle, stehen weitere Zeugnisse der Mühlengeschichte. Da ist einmal die
Hirsestampfe, auch als „Hirsepumpen" bezeichnet. Hirsestampfen sind hochwandige, nahezu röhrenförmige Stampfgefäße, in denen Hirse oder Buchweizen zerstoßen wurde. Zum anderen steht hier eine Senfmühle, also eine kleine Handmühle, auf der Senfkörner zermahlen wurden. Senf wurde auf den Höfen natürlich nicht täglich hergestellt, weshalb Senfmühlen relativ selten sind. Vermutlich wurden sie von verschiedenen Höfen bei Bedarf untereinander ausgeliehen.

Alle diese Mühlen sind jederzeit zu besichtigen und teilweise, wie gesagt, auch an besonderen Aktionstagen im Betrieb zu studieren. Daneben besitzt das Museumsdorf eine Reihe weiterer Mühlen, die an verschiedenen Aktionstagen per Göpel- oder Motorantrieb in Gang gesetzt werden. Eine Attraktion ist dabei stets, wenn die „Erica" - Dreschmaschine der „Bevenser Maschinenfabrik A.G." von der Lokomobile  von 1913 in Gang gesetzt wird. Wenn Dreschmaschinen auch keine Mühlen sind, so wurden auf vielen Mühlenhöfen doch Dreschmaschinen über Transmissionsriemen mit der Kraft von Wind oder Wasser angetrieben.
In diesem Jahr sind Göpel und Dreschmaschine übrigens noch einmal am „Erntedankfest" des Museumsdorfes am Sonntag, den 30. September im Einsatz zu bewundern.

Informationen zu Öffnungszeiten, den Veranstaltungskalender zur nächsten Saison (sobald er vorliegt) u.a.m. erhalten Sie unter folgender Adresse:

Museumsdorf Hösseringen                                                                                               
Am Landtagsplatz                                             
29556 Suderburg - Hösseringen                                                                                                           
Tel.: 05826 - 1774
Fax: 05826 - 8392

Internet: www.museumsdorf-hoesseringen.de                     
E-Mail: museumsdorf-hoesseringen@freenet.de

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