Die technische Entwicklung
der Klostermühle Lahde als kombinierte
Wind - Wassermühle
von Richard Brüdern
( Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Mühlenverein im Kreis Minden-Lübbecke e.V.)

Das Kloster Lahde verfügte ursprünglich über zwei Mühlen, die im Jahre 1292 erstmals erwähnte Wassermühle - und damit über 700 Jahre alt - und eine Windmühle, die später nach Raderhorst versetzt wurde.
Die Wassermühle fiel um 1870 einem Brand zum Opfer, so dass beide Mühlen innerhalb kürzester Zeit verschwunden waren. Zu dieser Zeit befand sich die
Klostermühle bereits im Besitz der Müllerfamilie Meyer. Die Wassermühle war ausgerüstet mit zwei hintereinander liegenden Strauberrädern in einem gemeinsamen Gerinne. Vom vorderen Rad, an der Stelle der heutigen Turbine wurde die Getreidemühle und vom hinteren Rad - der Wanddurchbruch zur Wasserradwelle ist noch heute erkennbar - wurde eine Ölmühle mit Kollergang und Stampfen angetrieben.
Im Sept. 1876 wird dem Müller Carl Meyer von der königlichen Regierung bestätigt, daß gegen den
Wiederaufbau der Wassermühle keine wasserrechtlichen Bedenken bestehen und lediglich die Genehmigung der Ortspolizeibehörde erforderlich ist.
Aber Carl Meyer hatte andere Vorstellungen. Waren vorher je eine Wasser- und eine Windmühle in Lahde beschäftigt, so war eine kombinierte Wind-Wassermühle die günstigste Lösung.
Wir können vermuten, dass die vom 28.11.1877 datierte Zeichnung bereits nach der Vernichtung der Wassermühle als
Projektzeichnung entstanden ist.
Die Errichtung von Mühlen war in damaliger Zeit konzessioniert und bei der Schwerfälligkeit der Behörden war es die Absicht von Carl Meyer zunächst die genehmigte Wassermühle wieder aufzubauen, das Gebäude jedoch entsprechend den Erfordernissen der Windmühle auszuführen.
Es war schon eigentümlich, dass die Wassermühle in einem Rundbau errichtet wurde und am 4. Dez. 1876 beschwert sich das Landratsamt Minden, dass aus der genehmigten Wassermühle offensichtlich eine Windmühle werden sollte und bestimmt den Weiterbau zu unterbinden.
So verfügte Lahde im Jahre 1876 über die Kuriosität, dass eine abgebrannte Wassermühle im unteren Stumpf eines begonnenen und nicht fertig gestellten Windmühlengebäudes untergebracht wurde. Die nachstehende Zeichnung vom Sept. 1876 zeigt den als Wassermühle deklarierten Mühlenstumpf. Der angedeutete rechteckige Grundriss stellt das ehemalige Mühlengebäude dar. Die zentrische Anordnung der stehenden Welle im Mühlengebäude lässt eindeutig erkennen, dass eine kombinierte Wind-Wassermühle die Zielvorstellung von Carl Meyer war.
Ohne Zweifel hat Carl Meyer sein Windmühlenprojekt weiter verfolgt und im Juni 1877 Anhänger für den Bau gesucht, was den Nachbarn H. Meyer dazu veranlasste seinerseits an das wohllöbliche Amt in Lahde zu schreiben um den Bau zu verhindern mit der Begründung, dass infolge der sich drehenden Mühlenflügel die Pferde beim An- und Ausspannen scheuen würden.
Der ursprüngliche Antrieb mit 2 Wasserrädern ist bei dem Neubau nicht wieder zur Ausführung gelangt. Am 25. Sept. 1877 beantragt Carl Meyer das hintere Wasserrad nicht aufzubauen sondern Mahl- und Ölmühle in dem neuen runden Gebäudeteil zu installieren und mit nur einem Wasserrad zu betreiben.
Wir vermuten, dass Carl Meyer von der sich Ende des vorigen Jahrhunderts durchzusetzenden Erkenntnis Gebrauch rnachen wollte, dass ein großes Rad wirtschaftlicher ist, als 2 hintereinander liegende kleine. Zu damaliger Zeit wurde an vielen Wassermühlen eine derartige Umstellung vorgenommen.
Auch der Müller Hinrich Meyer zu Rothe Mühle im westfälischen Preußen hat 1883 drei hölzerne Räder durch ein größeres Rad ersetzt und der Müller Heinrich Meyer zu Rothemühle im Hannoverschen hat zur gleichen Zeit vier Wasserradantriebe zu zwei Rädern mit größerem Durchmesser umgebaut.
Verwandtschaftliche Beziehungen haben trotz Namensgleichheit nur zwischen der Familie in Lahde und dem westfälischen Rothe Mühle bestanden.
Aber kehren wir zurück zur Klostermühle in Lahde.
Bei seinem Antrag Getreide- und Ölmühle durch ein Wasserrad zu betreiben, hat Carl Meyer wohlweislich verschwiegen, dass dafür ein größerer Durchmesser vorgesehen war. Eine derartige Änderung hätte ein neues wasserrechtliches Verfahren verursacht. Aus dem gezeichneten Rad mit 4,6 m ø sind später 5,65 geworden. Für die Planung der Ölmühle im neuen Mühlengebäude benutzt Carl Meyer die Projektzeichnung der kompletten Windmühlen nunmehr mit Datum vom 28.11.77 denn im Oktober 1877 war die Windmühle von der königlichen Regierung genehmigt. Diese Genehmigung war von kurzer Dauer, denn bereits im April 1878 wird sie widerrufen.
Es müssen aufregende Zeiten für Carl Meyer gewesen sein. Vorn Febr. 1879 ist uns eine Entscheidung überliefert:

“dem Meyer eine entsprechende nicht zu geräumige Frist zum Wiederabbruch der Windmühle zu gewähren.“

Am 14. August 1879 genehmigt die königliche Regierung den Mühlenbau zum zweiten Mal und im Jahre 1880 wird nicht mehr über den Bau der Mühle gestritten, sondern nur noch über den Schutz des öffentlichen Verkehrs vor den sich drehenden Mühlenflügeln. So hat im damaligen Amtsdeutsch der Müller die Auflage zu erfüllen

„… eine Bretterwand zu errichten, die den gassierenden Pferden den Anblick der Mühlenflügel entzieht.“

Diese Wand, verursacht aus dem Neid der alteingesessenen Landwirte gegenüber dem neuen Müller, hat ca. 55 Jahre bestanden.
Gegenüber der bereits zitierten Projektzeichnung haben sich bei der gesamten Mühle diverse Änderungen ergeben, der Flügeldurchmesser wurde von  20 auf ca. 22 m vergrößert, die Galerie entsprechend tiefer gelegt und durch andere Stockwerksein- teilung ein weiteres Stockwerk der sog. Kappboden hinzugefügt. Auch die Ölmühle wurde entgegen der Antragszeichnung im Gebäude anders angeordnet.
Die Kombination von Wind- und Wassermühle hat es an anderen Orten auch gegeben unter anderem im vorigen Jahrhundert in Mesum/Münsterland, in Hüven im Emsland, noch heute existent, und in Gühlitz/Wendland. Allen Anlagen war die kombinierte Nutzung von Wind und Wasser gemeinsam, wobei bautechnisch unterschiedliche Lösungen gefunden wurden.
In Hüven und Mesum wurde auf ein vorhandenes Wassermühlengebäude eine Windmühle gesetzt. - In Lahde wurde in einer neuen Windmühle der wasserbauliche Rest einer ehemaligen Wassermühle integriert. - Die Wassermühle in
Gühlitz wurde durch einen Anbau erweitert und darauf der Windantrieb montiert.

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Der KleiekotzerEin Magazin des Mühlenförderverein Lüneburg e.V.